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Die rechtliche Stellung der Kurden in Syrien
Vortrag: Berlin, 22. – 23.03.2003



Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

Art.1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

1.      Einführung

Syrien hat eine Fläche von 185,180 qkm. Die Einwohnerzahl beträgt 17.213.871[1]. Die Kurden bilden mit ungefähr 2.500.000 Einwohnern fast 14.5% der gesamten Einwohnerzahl des Landes. Sie leben hauptsächlich in den Nord- und Nordostgebieten Syriens. Die Existenz der Kurden in diesen Gebieten, die ein Teil von der Fläche Kurdistans sind[2], ist uralt. Die Kurden stellen die Mehrheit der Einwohner in ihren Gebieten. Laut einer Statistik aus dem Jahr 1937, waren die Einwohner des Gebiets von Jazira (Cezîrê) wie folgt aufgeteilt:

42000           moslemische Araber

82000           Kurden

31000           Christen

2000            Jeziden (sie sind ebenfalls Kurden),

1000            Juden

1000 Charkasi (Çirkesî)[3].

Vom 1516-1918 war Syrien Teil des Osmanischen Reiches, und nach dessen Zerfall und der Aufteilung seiner Gebiete blieb Syrien von 1920-1946 unter französischer Herrschaft.

Im Jahre 1923 haben Frankreich und die Kemalistische Türkei in Ankara einen Vertrag abgeschlossen. Nach diesem Vertrag hat Frankreich auf Iskendrun und Antakya zugunsten der Türkei verzichtet. Dafür bekam Frankreich den westlichen Teil von Kurdistan. Nach dem Abzug Frankreichs aus Syrien blieben die Grenzen unverändert, und so hat Syrien die Herrschaft über diese kurdischen Gebiete erlangt.

Am 24.10.1945 wurde Syrien Mitglied der Vereinigten Nationen. Nach der Vereinigung mit Ägypten im Jahr 1958 haben die beiden Länder einen gemeinsamen Sitz bei den UN gehabt. Seit dem 13.10.1961 ist Syrien wieder ein selbständiges Mitglied der UN.

Die Kurden haben sich ununterbrochen gegen die französische Herrschaft gewehrt. Es wurden viele Aufstände geleistet, wie z.B. Beyandur 1923, Amuda 1937 und der Aufstand von Ibrahim Henano 1920. In dieser historischen Phase war die Situation der Kurden besser, und sie waren keinen rassistischen Repressalien oder Projekten ausgesetzt. Obwohl die Kurden sich in den Anfängen der nationalen Mobilisierung befanden, konnten einige Einrichtungen aufgebaut werden, und das Verbot der kurdischen Sprache und Kultur war, auch wenn sie offiziell nicht erlaubt waren, nicht so massiv. So wurde in dieser Epoche und im Jahr 1927 die Organisation Khoybun gegründet, die Zeitschrift Hawar wurde am 15.05.1932 herausgebracht, der Club von Amuda wurde 1938 gegründet, Kurdistan Club wurde 1938 in Damaskus gegründet und auch zahlreiche kulturelle Gruppierungen in Aleppo und Damaskus. Einigen Kurden gelang es sogar, ins syrische Parlament zu kommen. Diese Situation blieb auch unter der Herrschaft der arabischen Nationalisten einige Zeit unverändert. In den Jahren der syrisch-ägyptischen Vereinigung und in der Zeit danach hat sich aber die Situation der Kurden in diesem Teil verschlechtert.  Die Unterdrückung der Kurden hat jedoch unter der Herrschaft der Bath Partei eine höhere rassistische Dimension erreicht.

2.      Syrien und die Kurden

2.1. Ein historischer Einblick

Kurdistan wurde zum ersten Mal nach der Schlacht von Chaldiran am 23.08.1514 aufgeteilt. Nach dieser Schlacht haben der osmanische Sultan Murad IV und der safawitische Schah Abbas ein Abkommen in Qasr Sherin abgeschlossen, wonach sie Kurdistan unter sich aufteilten. Im Jahr 1916, nach dem Sykes-Pyko-Vertrag, wurde Kurdistan, als Teil des osmanischen Erbes zum zweiten mal aufgeteilt. So kam der westliche Teil Kurdistans unter französische Herrschaft.

Der Server-Vertrag vom 10.08.1920[4] hat den Kurden eine Selbstverwaltung in ihren Gebieten (östlich vom Euphrat, südlich der armenischen Grenze und der Nordtürkei bis zur syrischen Grenze) zugebilligt. Dieser Vertrag wurde aber nie umgesetzt und durch den Lausanne-Vertrag wurde er endgültig aufgelöst. Nach dem Abzug Frankreichs aus Syrien kam Syrisch-Kurdistan unter arabische Herrschaft.

2.2. Die rechtliche Stellung der Kurden

Obwohl Syrien viele internationale Menschenrechtsabkommen akzeptiert und ratifiziert hat, wird die nationale Existenz der Kurden geleugnet und deren Gleichberechtigung als Bürger Syriens nicht anerkannt. Diese Situation hat sich nach der Machtübernahme der Bath – Partei verschärft[5]. Die Versuche der Abschaffung der Existenz der Kurden wurden in Form von rassistischen Projekten beschleunigt. Um die Struktur dieser Projekte zu erkennen, muss man sich mit den Vorschlägen von Mohamed Talab Hilal[6] beschäftigen. Dieser hat die Kurden als Krebstumor im Körper der arabischen Nation bezeichnet:

„die kurdische Frage, die sich heute organisiert hat, ist nichts anders als einen Krebstumor, der sich im Körper der arabischen Nation angesiedelt hat und für den nur das Abschneiden als Lösung in Betracht kommt“[7]. Dieser arabische Offizier, der Direktor des politischen Sicherheitsdienstes war, hat in einer Studie über das Gebiet Jaziraa sein aus 12 Punkten bestehendes rassistisches Projekt dem Staat vorgeschlagen. Hier ist eine Zusammenfassung der wesentlichen Punkte seiner Studie:

1-     Zwangsumsiedlung der Kurden in den Innengebieten Syrien.

2-     Rückständighalten der kurdischen Gebieten. Es müssen keine Schulen in diesen Gebieten gebaut werden.

3-     Die Überprüfung der Staatsangehörigkeit und Ausbürgerung der Nichtsyrer.

4-     Die Kurden müssen nicht mehr zur Arbeit zugelassen werden.

5-     Aufhetzung der Araber gegen die Kurden.

6-     Aufhebung der religiösen Bezeichnungen über die kurdischen Religionsführer und Entsendung der arabischen Religionsführer zu den kurdischen Gebieten.

7-     Ausnützung der Kurden gegen die Kurden selbst.

8-     Ansiedlung der Araber in den kurdischen Gebieten.

9-     Die Nordlinie in Jaziraa wird als militärisches Gebiet betrachtet. Dies muss dazu dienen, die Kurden zu vertreiben und die Araber anzusiedeln.

10-  Aufbau von Agrargenossenschaften und Spezialdörfer für die Araber in diesem Gebiet.

11-  Verbot der kurdischen Sprache, des passiven und aktiven Wahlrechts für die Kurden.

12-  Verbot der Einbürgerung der in diesem Gebiet lebenden Kurden.

 Diese Vorschläge wurden nach und nach durch Sondergesetze und durch den Ausnahmezustand verwirklicht und in die Realität umgesetzt. Am Anfang hat eine Sondervolkszählung[8] im Gebiet Jaziraa stattgefunden, wonach mehr als 150.000 Kurden ausgebürgert wurden. Diese Zahl hat sich ständig vermehrt, da die Kinder dieser Gruppe nicht eingebürgert werden können. Man kann diese Handlung als eine juristische Tötung bezeichnen, denn juristisch gesehen existieren diese Menschen nicht, obwohl das Recht auf eine Staatsangehörigkeit und deren Behaltens durch internationale Normen  gesichert ist. Es ist auch untersagt, einen Menschen willkürlich auszubürgern[9]. Die Resultate dieser Handlung reichen bis zur höheren Stufen der Menschenrechtsverletzungen.

Die Ausbürgerung bedeutet gleichzeitig den Ausschluss aus dem Arbeitsmarkt, den Entzug des Weiterbildungsrechts und des Eigentumsrechts, bis hin zu den ganz persönlichen Rechten, wie etwa das Recht auf Eheschließung, Vaterschafts- und Mutterschaftsrecht. Das ist mit anderen Worten die juristische Tötung der Persönlichkeit des Einzelnen. Dies verstößt nicht nur gegen internationale Normen, sondern auch gegen die syrischen Gesetze an sich. Paragraph 3 des syrischen Staatsangehörigkeitsgesetzes lautet:

Ein arabischer Syrer ist: ... c- wer in Syrien von unbekannten Eltern, deren Staatsangehörigkeit unbekannt ist oder keine Staatsangehörigkeit besitzen, geboren ist[10].

Die in Syrien geborenen kurdischen Kinder genießen dieses Recht jedoch nicht. Auch wenn diese Vorschrift auf die kurdischen Kinder angewendet wird, sind laut der syrischen Gesetze  diese Kinder Araber. Mit anderen Worten, alle in Syrien lebenden Menschen sind Araber.

Dieser große Teil des kurdischen Volkes bleibt außerhalb der politischen, sozialen und allen anderen bürgerlichen Aktivitäten und Handlungen. Sie existieren physisch, juristisch jedoch nicht.

Der zweite Schritt war die Ansiedlung von arabischen Familien in den Kurdengebieten. Im Jahr 1966 hat der Staat alle Grünstücke der kurdischen Bauern in dem Gebiet entlang der syrisch-türkischen Grenze, mit 375 km Länge und 10-15 km Breite, beschlagnahmt (arabischer Gürtel.) Die kurdischen Bauern wurden vom ihrem Eigentum enteignet. Kurz zuvor hatte der Staat den Kauf und die Veräußerung von Grundstücken in diesem Gebiet von der Zustimmung des Innenministers abhängig gemacht[11].

Im Jahr 1973 wurde das Gesetz des arabischen Gürtels erlassen. Gemäß diesem Gesetz wurde zwischen allen kurdischen Dörfern jeweils ein arabisches Dorf aufgebaut. Die neuen arabischen Siedler bekamen anschließend die zuvor von kurdischen Bauern beschlagnahmten Grundstücke. Dies stellt gemäß internationaler Normen eine Verletzung des Rechts auf Eigentum[12] dar. Auch die syrische Verfassung  verbietet den willkürlichen Entzug des Eigentums[13]. Ziel des Projektes des arabischen Gürtels war, die komplette Entleerung des Gebietes von Kurden und die Ansiedlung der Araber an ihrer Stelle. Der Widerstand der Kurden konnte jedoch die Umsetzung des zweiten Teils des Planes verhindern.

Die Vernichtung, Änderung und die Unterdrückung der kulturellen und historischen Eigenschaften des kurdischen Volkes war immer ein Ziel der Staatspläne. Einerseits wird die Sprache gemäß Sondergesetzen- und Beschlüsse verboten, und andererseits werden die Namen von kurdischen Dörfern und Städten geändert und arabisiert. Auch die neu geborenen kurdischen Kinder dürfen keine kurdischen Namen erhalten. In einem von gesetzlicher Willkür geprägten Leben sieht die Verfassung die Freiheit, die Würde und die Sicherheit des Einzelnen als heilig und vorrangig[14]. Manchmal schafft der syrische Staat einen gesetzlichen Rahmen, um den Sinn und Inhalt bestimmter kultureller und politischer Aktivitäten zu ändern oder manipulieren. Der Staat konnte das nationale kurdische Newroz- Fest mit Einschränkungen und Gewaltmitteln nicht abschaffen. Deswegen hat er durch einen Erlass den 21. März als offiziellen Feiertag anerkannt, jedoch als Muttertag.

Die Kurden sind die ersten Opfer dieses paradoxen Verhältnisses zwischen dem Gesetz und der Gesetzführung. Die Verstöße gegen internationale und Menschenrechtsnormen sind in den Kurdengebieten ersichtlicher als woanders. So wird das Ausnahmezustandsgesetz[15], welches sowohl gegen das syrische Grundgesetz, als auch gegen die internationalen und Menschenrechtsnormen verstoßt, verschärft in den Kurdengebieten verhängt und praktiziert. In so einer nicht gesetzlichen Situation tritt die Herrschaft der Geheimdienste und die der Polizei an die Stelle des Gesetzes. Jeder Apparat ist ein Staat innerhalb eines Staates. Wo liegt die rechtliche Grundlage dieser Situation? Wo ist die Stellung der Kurden im Rahmen der juristischen Normen in den syrischen Gesetzen zu finden? Wo sind die Grenzen des Rechts in Syrien?

 Um diese Fragen zu beantworten, muss man das syrische Grundgesetz und die damit verbundenen Gesetze untersuchen. Bei der Durchführung einer solchen Untersuchung in Syrien, darf man die Bath- Partei jedoch nicht vergessen, denn die Gründsätze dieser Partei haben meistens Vorrang gegenüber der Verfassung. Die Bath – Partei führt den Staat und die Gesellschaft[16]. Der oberste Grundsatz der Bath – Partei, der in Syrien über jedem Gesetz steht, lautet: die arabische Nation ist einheitlich und hat eine ewige Botschaft. Nach diesem Grundsatz bleibt kein Raum für andere Völker. Dies trifft besonders die Kurden, die die zweitgrößte Nation im Land darstellen. Aufgrund deren nationaler Aktivitäten können Kurden mit Strafen, die bis zur Todesstrafe reichen können, bestraft werden. Lediglich die Mitgliedschaft in einer kurdischen politischen Partei kann mit solchen Strafen bestraft werden[17].

Das Projekt von Mohamed Talab Hilal wurde zwar als Vorschlag vorgestellt, diese Vorschläge haben aber meistens einen gesetzlichen Rahmen bekommen. Die meisten Punkte in der Studie von M. T. Hilal wurden später unter der Herrschaft des Ausnahmezustandes als Sondergesetze und Beschlüsse erlassen und gegen die Kurden umgesetzt:

1-     Vertreibung: Die meisten Kurden arbeiten in der Landwirtschaft. Nach dem Gesetz des Arabischen Gürtels und der so genannten Linie 10, der Beschlagnahme der Grundstücke der Kurden, und der Ausbürgerung, sahen sich die Kurden gezwungen, ihre Gebiete zu verlassen, in die großen Städte Syriens zu gehen und sich auf die Suche nach Arbeit und Lebensmöglichkeiten zu machen. Diese Immigration hat sich nicht innerhalb der Grenze Syriens gehalten. Um die soziale Grundlage der kurdischen Gesellschaft zu zerstören, hat der Staat die Türen zur Immigration ins Ausland eröffnet. Der syrische Staat treibt bis heute eine  Politik unter dem Motto: Unterdrücke sie, lass sie verhungern, lass sie rückständig bleiben und biete Flüchtmöglichkeiten“. Und so finden selbst die nicht eingebürgerten Kurden, die sich in Syrien nicht frei bewegen können, ein Fluchtweg ins Ausland. Dies geschieht durch die Sicherheitsdienste und Schleuser, die mit Menschenleben handeln.

2-     Ruckständighalten: In diesem Punkt hat der Staat den Vorschlag von M. T. Hilal nicht ganz umgesetzt. Die Grund- und Mittelschulen wurden in den kurdischen Gebieten aufgebaut und sie funktionierten dann wie militärische Kasernen. Diese Schulen wurden als Mittel für die kulturelle und psychische Unterdrückung gegen Kurden eingesetzt. Es wurden jedoch keine Universitäten oder Hochschulen in Kurdengebieten eingerichtet.

3-     Bürgerschaft: Durch das Staatsangehörigkeitsgesetz und die Sondervolkszählung vom Jahr 1962 wurden 150.000  Kurden ausgebürgert. Die Zahl dieser Gruppe beträgt zurzeit mehr als 200.000.

4-      Arbeit: Die Arbeitsmöglichkeit für Kurden wurde mit allen Mitteln abgeschafft. Selbst die Kurden, die über eine Arbeitsstelle verfügen, werden meistens durch einen Beschluss der Sicherheitsdienste, der die Kraft eines Gesetzes hat, entlassen.

5-     Aufhetzung: „ die Kurden sind ein Krebstumor im Körper der arabischen Nation... die Kurden sind Israel Nr.2...“. Mit solchen Äußerungen werden Araber gegen Kurden aufgehetzt und oft kommt es zur Auseinandersetzungen zwischen den beiden Volksgruppen, besonders aber zwischen Kurden und arabischen Siedlern.

6-     Demografische Änderung und die Vernichtung der sozialen Grundlage[18]:   Aufbau von arabischen Dorfgemeinschaften in den kurdischen Gebieten, Vertreibung, Arabisierung der kurdischen Namen, Unterdrückung der  historischen, kulturellen und sprachlichen Identität der Kurden und Verbot aller Aktivitäten, die mit Kurden zu tun haben. All diese Maßnahmen und Handlungen vernichten die Grundlagen der kurdischen Gesellschaft und führen zu enormen demografischen Änderungen zum Nachteil der Kurden.

7-     Militärregion: Es wurden keine Soldaten im Gebiet stationiert. Die Sicherheitsdienste haben aber die Rolle der Streitkräfte. Diese Apparate verwandeln das Leben der Kurden im Ausnahmezustand in ein Gefängnis.

Unter der Herrschaft der Bath – Partei haben  die arabischen Nationalisten mit rassistischen Hintergrundgedanken die Vorschläge von M. T. Hilal ergänzt und sie in Form von Gesetzen und Beschlüssen umgesetzt. Die Welle der Unterdrückung der Kurden hat somit eine starke Form erreicht.

3.      Das Grundgesetz und die Kurden

Die Kurden werden weder unmittelbar noch mittelbar im syrischen Grundgesetz Nr. 208 vom 13.03.1973 erwähnt. Es erkennt auch keine anderen Völker außer dem arabischen Volk an. Laut diesem Gesetz besteht Syrien nur aus Arabern; sie sind ein Teil der arabischen Nation und setzen sich für deren Einigung ein[19]. Von der juristischen Seite her hat die Nichtanerkennung der Kurden als ein selbständiges Volk dazu geführt, dass ihre Identität zunehmend unterdrückt wird. Die kurdische Sprache und Kultur sind verboten. Ein Kurde zu sein ist an sich eine große Schuld.

Die Amtssprache in Syrien ist Arabisch, und alle Menschen nicht arabischer Herkunft müssen zwangsweise die Politik der Arabisierung über sich ergehen lassen[20].  Diese sehen sich mit der auf die Arabisierung gerichteten Bildungspolitik konfrontiert[21]. Der Prozess der Arabisierung fängt in den Grundschulen mit den Kindern an, die kein einziges arabisches Wort sprechen können. Sie werden gezwungen, Arabisch zu lernen. Besonders schwierig  für die kurdischen Kinder sind die ersten Schuljahre. Die Schule wird für sie wie ein Gefängnis, sie wird ein Schauplatz der Beleidigung. Am Anfang wird den Kindern beigebracht, wie sie ihre Schulkameraden bei dem Klassenlehrer verraten müssen, wenn sie kurdisch sprechen. Sie lernen, dass wer kein Araber ist, kein Mensch sei. Sie werden gelehrt, dass sie als Kurden nichts wert seien, die kurdische Sprache und Kultur habe keinen Wert, und ihre Eltern seien schlecht, weil sie eben Kurden sind.

Diese Methoden produzieren soziale und psychische Schwierigkeiten. Die Kinder, die in einer solchen Situation aufwachsen, werden entweder radikal und schließen sich den radikalen nationalistischen Bewegungen an, was sie oft mit ihrem Leben bezahlen müssen oder sie kollaborieren mit dem Staat und fügen ihren Volksangehörigen großen Schaden zu.

Das Rechtssystem in Syrien ist beispiellos in der Welt. Der Staat wird im Schatten des Ausnahmezustands von den Geheimdiensten (die in Syrien bekannt sind) geführt. In Syrien existieren viele Sicherheitsdienste, die den Staat unter ihrer Kontrolle haben, wie z.B.: Militärsicherheitsdienst, politischer Sicherheitsdienst, allgemeiner Sicherheitsdienst und der Außensicherheitsdienst. Diese Apparate verkörpern in den kurdischen Gebieten sowohl das Gesetz wie auch seine Umsetzung.

Von der Existenz des rechtlichen Prinzips der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der drei Gewalten (die Judikative, die Exekutive und die Legislative) kann unter diesen Umständen nicht mehr die Rede sein. Die Kurden können ohne ein gerichtliches Verfahren verhaftet und bestraft werden. Diese Handlungen des Staates verstoßen sowohl gegen internationales Recht und Menschenrechtsnormen, als auch gegen die syrische Verfassung an sich[22]. Der Bürgermeister kann Beschlüsse erlassen, die wie ein Gesetz umgesetzt werden[23].

Das kurdische Volk, das sich historisch, kulturell und durch andere Eigenschaften von der arabischen Nation unterscheidet, hat das Recht, wie jedes andere Volk in der Welt, ein freies und selbständiges Leben zu führen[24]. Dieses natürliche Recht wird aber den Kurden unter der Herrschaft der Bath – Partei, mittels Befehlen, Beschlüssen und  Sondergesetzen, die gegen die Menschenrechte verstoßen, untersagt. In dieser ungerechten und widergesetzlichen Situation wird den Kurden die Sprache, Bürgerschaft, persönliche Freiheit, Kultur und alle menschlichen Werte verboten.

Das syrische Grundgesetz, welches aus 156 Artikel besteht und am 13.03.1973 mit der Nr.208 in Kraft getreten ist, ist ein Grundsatz einer rassistischen arabischen Gruppe, mehr als eine Verfassung. In der Praxis wurde die Verfassung außer Kraft gesetzt und an ihrer Stelle tritt das Ausnahmezustandsgesetz auf. Nur wenn die Interessen der Staatsführung in Frage gestellt werden, kommt das Grundgesetz  in Anwendung. In der Tat aber verkörpern die Sicherheitsdienste das Gesetz in Syrien. Sie sind besonders in den kurdischen Gebieten über jedem Gesetz. Das Grundgesetz schreibt den Führungskräften die Zentralrolle zu. So ist der Präsident der Republik gleichzeitig der Chef der Bath – Partei und der Führer der Streitkräfte. Der Präsident und die mit ihm verbundenen Organe stehen über dem Gesetz. Mit anderen Worten: sie verkörpern das Gesetz. Die exekutive Gewalt in Syrien erlässt selbst die Gesetze und übernimmt auch die Rolle der Judikative:

„ Art. 93/2: Der Präsident der Republik vertritt das Volk bei der Führung der Exekutive. Art. 103: Der Präsident der Republik ist Führer der Arme und der Streitkräfte. Art.7/1: Der Präsident der Republik kann das Parlament auflösen.“    

4.      Die Kurden und andere Gesetze

 Die Kurden können nur als Beschuldigte oder Angeklagte am syrischen Rechtsprozess teilnehmen. Sie genießen keine Stellung als Anspruchssteller. Die Ausgebürgerten, deren Zahl zu Zeit 200.000 überschreit, haben keine Existenz im Rechtsleben. Ihnen ist untersagt, offiziell zu heiraten, ihre Kinder offiziell einzutragen, Eigentum zu erwerben und zu veräußern und ins Ausland zu reisen.  Selbst für die Hotelübernachtung in Syrien brauchen sie eine Genehmigung des politischen Sicherheitsdienstes. Sie sind auch gezwungen, ihre Lebensmittel zu höheren Preisen auf dem schwarzen Markt zu besorgen. Die Ausbürgerung hat mit Kindern staatenloser Eltern eine neue Gruppe geschaffen, die gar keine Eintragungen in den syrischen Registern hat[25].

Selbst die Kurden, die im Besitz der syrischen Staatsangehörigkeit sind, werden unter der Herschafft des Ausnahmezustandes und der Sondergesetze nicht als gleichberechtigte Bürger behandelt. Sie stehen als Kurden und damit nicht - Angehörige der arabischen Nation ständig in Verdacht.

Um diesen Repressalien einen juristischen Rahmen zu verschaffen, werden die Gesetze und oft das Strafgesetzbuch zur Anwendung gezogen.

 § 267/1 sStGB[26] besagt: Ein Syrer, der durch eine Handlung in Form von Tun, Äußerung oder das Verfassen von Schriftstücken tätig wird, um ein Teil des Landes zugunsten eines dritten Landes abzutrennen, oder diesem Land ein Recht auf syrischen Boden zu verschaffen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft[27].

§ 267/2 sStGB besagt: Wenn diese Person Mitglied einer der in den §§ 208, 308 aufgezählten Vereinigungen und Organisationen ist, wird sie mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

Die Äußerung eines Menschen, Kurde zu sein und sich für die Rechte der Kurden einzusetzen, kann eine strafbare Handlung im Sinne dieser Vorschriften sein. Auch die Teilnahme an  kulturellen, sozialen und politischen kurdischen Aktivitäten kann in Verbindung mit diesen Paragraphen mit harten Strafen bestraft werden. Die Vereinigungen und Organisationen, die in §§ 288, 308 genannt wurden sind: Alle internationalen sozialen und politischen Vereinigungen, die ohne Genehmigung des Staates gegründet werden, und Vereinigungen, die mit der Absicht gegründet werden, durch ihre Tätigkeit und Veröffentlichung von Schriftstücken das syrische Volk abzuspalten[28].

§ 291/1 sStGB: Eine Handlung, die das Ziel hat, das Grundgesetz mit unzulässigen Mitteln zu ändern, wird mit einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren bestraft.

Das syrische Grundgesetz kennt die Rechte der Kurden nicht und betrachtet alle Einwohner Syriens als Araber. Das Grundgesetz  schreibt der Bath – Partei die Staatsführung zu. Die arabische Kultur und die Arabisierungspolitik sind seine Grundlagen. In einer solchen Situation kann schon die Nennung der Kurden mit Namen als Versuch der Änderung des Grundgesetzes mit unzulässigen Mitteln eingestuft werden und somit mit der dafür vorgesehenen Strafe geahndet werden.

§ 392/1sStGB: Diese Vereinigungen werden aufgelöst und ihr Eigentum beschlagnahmt.

§ 392/2 sStGB: Jeder Verantwortlicher in diesen Vereinigungen wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zwei Jahren und einer Geldstrafe von hundert bis zu fünfhundert Lira bestraft. Alle anderen Mitglieder werden mit der Hälfte dieser Strafe bestraft.

Die Gründung von kurdischen Vereinigungen und Organisationen ist grundsätzlich verboten. Alle kurdischen sozialen, kulturellen und politischen Aktivitäten, die nicht öffentlich ausgeübt werden, können im Lichte dieser Vorschriften bestraft werden. Nicht nur die Mitglieder der Vereinigungen können bestraft werden. Auch die Teilnahme an Versammlungen wird mit gleicher Härte bestraft[29].

5.      Die Kurden und der Ausnahmezustand in Syrien

Das Ausnahmezustandsgesetz mit der Nr. 51 wurde am 22.12.1962 erlassen. Die §§ 1,2 dieses Gesetzes geben der Exekutive das Recht der Auslegung des Ausnahmezustands in Syrien:

         § 1/a: In Kriegssituation, kriegsähnlichen Situation, in Situationen, in denen die allgemeine Führung des Landes oder ein Teil des Landes aufgrund innerer Unruhe oder Katastrophen in Gefahr ist, wird der Ausnahmezustand verhängt.   

1/b: Der Ausnahmezustand kann in einem Teil des Landes oder im ganzen Land verhängt werden.

§ 2/a: Der Ausnahmezustand wird nach einer Sitzung des Ministerrates unter der Führung des Präsidenten der Republik und mit einer Mehrheit von 2/3 der Stimmen verhängt. Dieser Beschluss muss dem Parlament in der ersten Sitzung vorgelegt werden.

Am 08.03.1963 kam die Bath – Partei mit einem Militärputsch an die Macht und hat mit dem Befehl Nr. 2 den Ausnahmezustand in Syrien verhängt. Der militärische Sonderkommandant ist der Ministerpräsident, sein Stellvertreter ist der Innenminister und sie bekommen die Anweisungen von dem Präsidenten der Republik erteilt. Das Ausnahmezustandsgesetz wurde nie dem Parlament vorgelegt. Dieses Gesetz tritt in der Praxis an die Stelle der Verfassung, obwohl diese erst zehn Jahre später zustande kam. Das syrische Grundgesetz schützt einerseits die Grundfreiheiten (Artikel 25-33), andererseits rechtfertigt es die Sondergesetze und liefert eine rechtliche Grundlage dafür:

         Art 153: Alle Gesetze, die vor dem Inkrafttreten dieser Verfassung praktiziert wurden, bleiben bestehen, bis sie geändert oder aufgehoben werden[30].

Diese Situation verursacht ein juristisches Chaos und lähmt alle anderen Gesetze in Syrien. Das Dreiecksverhältnis besteht aus dem Präsidenten der Republik, dem Ministerpräsidenten und dem Innenminister; sie vertreten das Gesetz und verkörpern das juristisch oberste Staatsorgan in Syrien. Damit dieses unrechtmäßige Organ den Staat führen kann, wurden im Zusammenhang mit dem Ausnahmezustandsgesetz verschiedene Gesetze erlassen, wie z.b.:

1-     Das Gesetz zum Schutz der Revolution, Nr. 6 vom 07.01.1965: § 4 dieses Gesetzes besagt: Alle Handlungen, die die in den §§ 3/a; 3/b; 3/c; 3/d festgelegten Voraussetzungen verwirklichen, werden mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit dem Tode bestraft.

Diese Handlungen sind gemäß § 3: Taten die gegen das sozialistische System des Staates verstoßen. Diese Taten werden bestraft, wenn sie verwirklicht sind, niedergeschrieben und festgelegt sind oder durch ändere Mittel geäußert und offenkundig gemacht wurden.

Selbstverständlich können alle Aktivitäten, die den Theorien und dem Grundsatz der Bath – Partei nicht entsprechen, gemäß dieser Vorschriften bestraft werden. Für die Kurden bedeutet dies, dass jede kurdische Aktivität, gleich welche Intensität sie hat, zu solchen Strafen führen kann. Denn die Theorie der Bath – Partei erkennt die Kurden weder als selbständige Nation noch als Bürger Syriens an.

2. Das Gesetz des Oberstaatssicherheitsgerichtes, Nr. 47 vom 28.03.1968: Alle        Prozesse können vor diesem Gericht geführt werden. Grundsätzlich haben die Angeklagten kein Recht, durch einen Rechtsanwalt vertreten zu werden. Und wenn sie einen haben, dann kann er dem Gericht nur die Akten einreichen, ein Verteidigungsrecht hat er nicht. Gegen die Urteile dieses Gerichts ist die Revision unzulässig. Der Präsident der Republik bekräftigt die Urteile, hebt sie auf oder vermindert die Strafe. Das Gericht tagt geheim und unter Ausschluss der Öffentlichkeit[31]. Den meisten kurdischen Gefangenen werden vor diesem Gericht die Prozesse gemacht.

3.      Gesetz zur Gründung der Verwaltungsbehörde der Staatssicherheit, Nr. 14 vom 15.01.1969. § 16 dieses Gesetzes besagt: Die Mitarbeiter dieser Verwaltung dürfen nicht wegen ihrer Straftaten, die sie während der Ausübung ihrer Tätigkeiten begangen haben, verfolgt werden. Die strafrechtliche Verfolgung dieser Mitarbeiter kann nur aufgrund eines Beschlusses des Leiters der Verwaltungsbehörde erfolgen.  § 30 dieses Gesetzes lautet: Dieses Gesetz wird nicht veröffentlicht und tritt in Kraft am Tag seines Erlasses.

4.      Das Gesetz der Innenorganisationen der Verwaltungsbehörde der Staatssicherheit, Nr. 549 vom 12.05.1969. § 74 dieses Gesetzes lautet: Die Mitarbeiter der Verwaltungsbehörde der Staatssicherheit und Personen, die mit dieser Behörde unter Vertrag stehen und mit ihr arbeiten, dürfen nicht wegen ihrer aufgrund der Ausübung ihrer Arbeit begangenen Straftaten vor ein Gericht gestellt werden. Dieses Gesetz wird nicht veröffentlicht und tritt am Tag des Erlasses des Gesetzes Nr.14, 15.01.1969 in Kraft.

Die Sicherheitsapparate, die in diesen Gesetzen genannten werden, sind in den kurdischen Gebieten mit großer Intensität tätig. Sie können Menschen willkürlich verhaften und der Folter und Misshandlung aussetzen. Die Unterdrückung der Kurden seitens dieser Apparate ist ein Teil des alltäglichen Lebens geworden. Diese Apparate sind: Militärsicherheitsdienst, Sicherheitsdienst der Luftstreitkräfte, Sicherheitsdienst der Präsidentschaft der Republik, politischer Sicherheitsdienst, Sicherheitsdienst der Spezialeinheiten, Sicherheitsdienst der Universitäten, Allgemeiner Sicherheitsdienst, Außensicherheitsdienst und die sog. Palästina – Abteilung.

Diese Sicherheitsapparate sind im ganzen Land tätig; sie sind befugt, Menschen willkürlich zu verhaften, zu foltern, zu misshandeln und auch unter der Folter sterben lassen.

Die meisten kurdischen Flüchtlinge sind aufgrund der Repressalien dieser Sicherheitsapparate geflüchtet. Dies geschieht merkwürdigerweise auch mit deren Hilfe. Sie verhindern alle Lebensmöglichkeiten der Kurden, dann eröffnen sie ihnen einen Fluchtweg, nachdem sie ihre Hand auf ihr ganzes Hab und Gut gelegt haben. Dies geschieht durch die mit ihnen verbündeten Schleuser.

Das Ausnahmezustandsgesetz gibt dem Ministerpräsidenten, dem Innenminister und den mit ihnen verbundenen Organe wie den Gouverneuren der Provinzen und den Sicherheitsapparaten das Recht, Beschlüsse zu erlassen, welche die Kraft eines Gesetzes haben. In der Wirklichkeit kann das Leben in den Kurdengebieten Jazira, Afrin und Kobani nur im Rahmen dieser Ausnahmegesetze und Beschlüsse geführt werden. Jeder Kurde ist aufgrund seiner Volkszugehörigkeit von seiner Geburt an schuldig.

6. Die Kurden, Syrien und die internationalen Normen

Das kurdische Volk in Syrien hat als eine selbständige Nation, wie alle anderen Bürger Syriens, das Recht auf Leben, Freiheit und auf die freie Entfaltung seiner wirtschaftlichen und kulturellen Aktivitäten. Die Rechte, die durch internationale Normen gesichert sind, sind wie für alle Völker der Weltgemeinschaft auch für das kurdische Volk eine Notwendigkeit. Um alle diese Rechte werden die Kurden aber willkürlich in Syrien beraubt.

Als rechtlicher Partner der internationalen Verträge und Normen muss sich Syrien gemäß ihrer Bestimmungen verhalten und seine eigenen Gesetze an sie anpassen, denn auch Syrien hat diese Verträge und Normen ratifiziert.

Mit dem Gesetz Nr.184 vom 09.08.1970 ist Syrien dem Wiener Abkommen über das Recht der Verträge von 1969 beigetreten. Art. 27 dieses Abkommens lautet: „Eine Vertragspartei kann sich nicht auf ihr innerstaatliches Recht berufen, um die Nichterfüllung eines Vertrags zu rechtfertigen.“ Mit anderen Worten und aufgrund des Grundsatzes „der Vertrag ist das Gesetz der Beteiligten“, haben internationale Abkommen Vorrang gegenüber nationalen Gesetzen, auch gegenüber der Verfassung. Gemäß des Wiener Abkommens über das Recht der Verträge von 1969 und dessen Ratifizierung durch Syrien im gleichen Jahr, haben alle von Syrien unterzeichneten Verträge Vorrang gegenüber syrischen Gesetzen. Beispielhaft zu nennen sind von diesen Verträgen: Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (19.12.1966)  und der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (19.12.1966.) Bevor die syrische Verfassung von 1973 verabschiedet wurde, hat Syrien seinen Beitritt zu diesen Verträgen und deren Ratifizierung erklärt. Art.1 Nr.1 des Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte lautet: Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.

Art.2. Nr.1 lautet:  Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, die in diesem Pakt anerkannten Rechte zu achten und sie allen in seinem Gebiet befindlichen und seiner Herrschaftsgewalt unterstehenden Personen ohne Unterschied wie insbesondere der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status zu gewährleisten.

 Das Ausnahmezustandsgesetz, dessen Geltungsbereich und Dauer keine Grenzen kennen, verstößt gegen alle internationalen Normen, darunter diesen Pakt. Dieses Gesetz leugnet die Rechte der Kurden als eine Nation und als ein Teil der Bürger Syriens.

Die syrische Verfassung, die keinen Bezug auf Kurden nimmt, sollte wegen des Verstoßes gegen die Bestimmungen dieses Pakts geändert werden. Die Forderung nach solcher Änderung, kann aber wie bereits erwähnt wurde, mit dem Tod bestraft werden (das Gesetz zum Schutz der Revolution.)

Bei einer Analyse der rechtlichen Stellung der  Kurden in Syrien anhand der in diesem Pakt erwähnten Rechte wie z.B. das Recht auf Leben, Art.6.1,  das Folterverbot, Art. 7, die persönliche Freiheit und Sicherheit, Art. 9.1, wird deutlich, dass die Kurden aller dieser Rechte beraubt sind.

 Art.1. Nr.1 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte lautet: Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.

Die syrischen Gesetze und insbesondere die rechtliche Stellung der Kurden in Syrien, verstoßen gegen alle internationalen Verträge, Bestimmungen und Menschrechtsnormen.

Die Kurden sind als Volk und Nation aller ihrer Rechte beraubt. Die Grundsätze der Bath – Partei, die syrische Verfassung, die mehr eine politische und rassistische Erklärung ist, als eine Verfassung, der Ausnahmezustand und alle damit verbundenen Gesetze, sind ein Ausdruck der Unterdrückung und der Verletzung der Menschenrechte der Bürger Syriens allgemein und speziell der Kurden. Dies ist vor allem eine Verantwortung der Menschheit und der Internationalen Gemeinschaft.

 

Literatur

1.      Menschenrechte, ihr internationaler Schutz, Beck-Texte im dtv, 3. Auflage, 01.12.1992

2.      Die Charta der Vereinten Nationen, 7.Auflage, Verlag C. H. Beck, 1979.

3.      Alfred Verdross- Bruno Simma, Universelles Völkerecht, Theorie und Praxis, 3. Auflage, 1984.

4.      Ehmed Namî, Samî: Dîmenin ji dîroka winda, APEC, Stockholm 2000.

5.      Qanun Alukubat Al Suri, Nr. 148, 22.06.1949

6.      Al Qanun Aldawli Al’am, Dr.Ali Sadiq Abu Hayf, Kairo 1995

7.      Seel, Patrik: Al Sira’i Ala Suriya

8.      Badradin, Salah: Al Akrad Sha’iban waqadiye, Beirut 1987

9.      Die kurdische demokratische Allianz in Syrien: Ta’rib Alqura welbeldat Alkurdiya

10.  Dastur Aljamhuriya Alarabiya Alsuriya

11.  Hilal, Mohamed Talab: Dirasa an Mohafezat Alhassaka

12.  Mala Ahmad, Mohamed: Alqadiya Alkurdiya fi suriya, Berlin – Havîbûn

13.  Alancarini., Mohamed: Dirasa qanuniya lilqawanin alqam’iya fi Suriya, Mucalet Aladala www.shrc.org

14.  Qanun aljinsiya alsuri

15.  Badradin, Salah: Difa’en an alhaqiqa, 1991


 

[1] Statistik vom Juli 1999. Allgemeine Länderinformationen, Syrien, aus dem Internet.

[2] Bedreddin, S.166-169

[3] Lowingirig, S.312

[4] Der Vertrag von Server, 10.08.1920:

Art. 62: Eine Kommission kommt mit der Mitgliedschaft von Frankreich, Großbritannien und  Italien zustande, deren Sitz in Konstantinopel ist. Diese Kommission hat binnen sechs Monaten, die Möglichkeit der Bildung einer Selbstverwaltung in den Gebieten (östlich vom Euphrat, südlich der armenischen Grenze und der Nordtürkei bis zur syrischen Grenze), in denen die Kurden die Mehrheit darstellen, zu erforschen.

Art 63: Der Türkische Staat hat die Beschlüsse der Kommission, die im Art. 62 genannt wurde, binnen drei Monate, ab dem Bekanntgabedatum zu akzeptieren und umzusetzen.

Art 64: Wenn das kurdische Volk in den im Art. 62 genannten Gebieten innerhalb eines Jahres die Unabhängigkeit verlangt, und wenn die vereinigten Nationen, diesen Wünsch billigen und dies auch beschließen, hat der türkische Staat dann diesem Beschluss zu folgen und auf seine Ansprüche in den genannten Gebieten zu verzichten.

[5] Die Bath- Partei übernahm nach einem militärischen Putsch am 08.03.1963 die Macht in Syrien. 

[6] Dierktor des politischen Sicherheitsdienstes in Provinz Al Hassaka

[7] Hilal, S.8

[8] Das Diskret Nr. 93, vom 23.08.1962

[9] Art. 15 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

1.        Jeder Mensch hat Anspruch auf eine Staatsangehörigkeit

2.        Niemand darf seiner Staatsangehörigkeit willkürlich entzogen noch ihm das Recht versagt werden, seine Staatsangehörigkeit zu wechseln.

[10] § 3/c des syrischen Staatsangehörigkeitsgesetzes, Nr. 276, Jahr 1969.

[11]  Beschluss des Innenministers, Nr.1360, Jahr 1964.

[12] Art. 17 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

1.        Jeder Mensch hat allein oder in der Gemeinschaft mit anderen Recht auf Eigentum.

2.        Niemand darf willkürlich seines Eigentums beraubt werden.

[13]  Art. 15 des syrischen Grundgesetzes, Dekret Nr. 208, vom 13.03.1973:

1. Der allgemeine, willkürliche Entzug des Eigentums ist untersagt.

2. Der Entzug des Privateigentums bedarf einer Gerichtsentscheidung.

 

[14] Art. 25 des syrischen Grundgesetzes:

1. Die Freiheit des Einzelnen ist heilig, und der Staat hat die persönliche Freiheit der Bürger, deren Würde und Sicherheit zu schützen.

[15] Das Ausnahmezustandsgesetz Nr.51, vom 12.12.1962, trat am 08.03.1963 in Kraft und besteht bis heute noch.

[16] Art.8 des syrischen Grundgesetzes: die arabische sozialistische Bath – Partei führt den Staat und die Gesellschaft. Sie führt die nationale progressive Front. Sie vereinigt die Möglichkeiten des Volkes und arbeitet für die Interessen der arabischen Nation.

[17] § 12/a  des Gesetzes zum Schutz der Bath – Partei, Nr. 53, vom 08.04.1979: „ Jede Abmachung oder Handlung, deren Ziel es ist, die in diesem Gesetz erwähnten Straftaten zu verwirklichen, wird mit Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bestraft.“ § 5 des genannten Gesetzes erklärt die Handlungen, die von diesem Gesetz mit Strafe bedroht sind: „...  die Mitgliedschaft in einer politischen Partei oder die Nutzung der Mitgliedschaft in der Bath – Partei zum Vorteil einer anderen Partei“.

[18] Vom 1972-1977 wurden 33 arabische Dorfgemeinschaften in den kurdischen Gebieten aufgebaut. Bis zum 15.02.1978 wurden Namen von 136 kurdischen Dörfern und Städten arabisiert. Mit dem Beschluss 4524/N vom 20.12.1997 wurden Namen von 104 kurdischen Dörfern in der Provinz Al Hassaka arabisiert. Mit dem Beschluss 2123/N, vom 05.05.1998 wurden Namen von 120 kurdischen Dörfern im gleichen Gebiet arabisiert. Mit dem Beschluss 580 vom 18.08.1977 wurden Namen von 336 kurdischen Dörfern in der Provinz Aleppo arabisiert. Mit dem Beschluss 334 vom Jahr 1998 wurden Namen von 209 Dorfschulen geändert und gemäß ihren neuen arabischen Namen umbenannt. (Quelle: Arabisierung der kurdischen Dörfer und Städte, Publikation der kurdischen demokratischen Allianz in Syrien.)    

[19] Art. 1/3 des syrischen Grundgesetzes: „ Das Volk Syriens ist ein Teil der arabischen Nation und kämpft für die Verwirklichung der großen arabischen Einigung“.

[20] Art. ¾ des syrischen Grundgesetzes: „ Die arabische Sprache ist die Amtssprache“.

[21] „ Die Bildung und die Kultur haben das Ziel, eine neue arabische Generation aufzubauen, die nationalistisch, sozialistisch und wissenschaftsbegehrend ist. Diese Generation ist geprägt von der Liebe zu ihrer Geschichte, ihrem Land, ist stolz auf ihre Kultur und hat einen Kampfgeist für die Verwirklichung der Ziele ihrer Nation...“  Mit der Geschichte, Sprache und Kultur ist die arabische gemeint. (Der Verfasser.)

[22] Art. 28/1: Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist so lange unschuldig, bis ein Gerichtsurteil seine Schuld nachgewiesen hat.

Art. 28/2:Niemand darf willkürlich und widerrechtlich festgenommen werden.

Art. 28/3: Niemand darf der psychischen oder physischen Folter unterworfen werden.

                „ Das syrische Grundgesetz, Nr. 208 vom 13.03.1973“

[23] Der Beschluss des Oberbürgermeisters von Al Hassaka, Mohamed Mustafa Miro, Nr.1865/S/25 vom 02.12.1989, über das Verbot der nichtarabischen Musik und Sprache.

Der Beschluss des Oberbürgermeisters von Aleppo Nr.768 vom 20.04.2000, über die Schließung von kurdischen Kassettenläden und Videotheken.

Der Beschluss des Oberbürgermeisters von Al Hassaka vom 24.02.1994, über die Schließung von kurdischen Läden, die eine kurdische Bezeichnung tragen.

Der Beschluss Nr.2122 vom 05.05.1998 über die Arabisierung von 209 Namen der kurdischen Dörfer.

Der Beschluss des Innenministers Nr. 122 vom 1992: „die Sicherheitsdienste sind zuständig für die Erteilung von Kindernamen.“

Der Beschluss des Innenministers Mohamed Harba, Nr. 1028/S vom 31.12.2000: „ Jeder Kurde, der seinen Personalausweis verloren hat, bekommt erst dann einen Ersatzausweis, wenn er die Zustimmung der politischen, allgemeinen und Militärsicherheitsdienste erhalten hat.

[24] „ Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung“. Art.1, S.1 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (19.12.1966.)

[25] Die sogenannten „Maktum Al Qayd“, = nicht eingetragen.

[26] Abkürzung des Syrischen Strafgesetzbuches.

[27] Syrisches Strafgesetzbuch, Nr. 148 vom 22.06.1949.

[28] Syrisches Strafgesetzbuch, Nr. 148 vom 22.06.1949; § 65 Pressegesetz, Nr. 53 vom 08.10.1949; § 3 Gesetz zum Schutz der Revolution, Nr.6 vom 07.01.1965. Das Militärgericht und das Oberstaatssicherheitsgericht sind zuständig für solche Prozesse.

[29] §§ 327, 328, 329 Syrisches Strafgesetzbuch, Nr. 148 vom 22.06.1949; Gesetz der privaten Vereine und Organisationen 93, 08.07.1958; Gesetz der allgemeinnützigen Vereine 91, 08.07.1958; Gesetz zur Gründung der allgemeinen Bauernvereinigung 127, 14.12.1964. 

[30] Art. 208 der Verfassung vom 13.03.1973.

[31] Alancarini.



                                                                                                                          

Selim Bicuk

 

 

 


 

 

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